Farbe, Sinnlichkeit und Emotion
Zu neuen Arbeiten von Erwin Kastner
In Erwin Kastner begegnet eine Künstlerpersönlichkeit, die in erster Annäherung wohl am besten mit dem Begriff „Vollblutmaler“ zu bezeichnen ist. Er konzentriert sich mit absoluter Entschlossenheit in seiner Arbeit total auf das Phänomen des Malerischen. Erwin Kastner arbeitet in voller Hinwendung zur Welt der Farbe, zu den Qualitäten des Farbauftrages auf diverse Bildträger.
In einem permanenten Wechsel von Bildaussage und Wirkung vereint sich in seinen Arbeiten ein formaler und inhaltlicher Ansatz zu einer Bildqualität, die durch die zusätzliche Betonung des Malaktes bzw. des Einsatzes grafischer Gesten sich manifestiert.
Erwin Kastner behauptet sich mit seinen Mal- und Grafikwerken aber auch durch eine konsequente Arbeitsweise, die die Malerei als einen permanenten Prozess des hermeneutischen Bildsuchens und –findens begreift und die künstlerischen Qualitäten des Farbauftrages vor allem als sinnliche Qualitäten definiert. In diesem Zusammenhang darf nicht die Tatsache verschwiegen werden, dass es den in Haag lebenden Künstler gelungen ist, in dem großen weiten Feld der Malerei eine ganz persönliche Handschrift zu entwickeln, die seine Bildwerke zu individuellen Schöpfungsprodukten und eigenständigen Aussageträgern macht. Ob im kleinen Format auf Papier oder im größeren Format auf Leinwand, die Bildwerke von Erwin Kastner zeigen immer ein sehr komplexes Beziehungsfeld von Gegenständlichkeit und Zeichensetzung im weit dimensionierten Farbraum. Mit der Heftigkeit, mit der Kastner dabei auf der Bildfläche agiert, übersteigt das Maß einer spontanen Geste und mag viel eher als expressiver Drang beschrieben werden.
Seine Bilder sind keineswegs unkontrolliert, sondern von spürbaren Bildvorstellungen bestimmt, konkretisieren sich Impulse in und zu spannungsvollen Bildräumen. In diesen changiert Erwin Kastner zwischen Abstraktion und Konkretion, manifestiert sich eine autonome Objekthaftigkeit, die neben der inhaltlichen Ausdrucksstärke der dargestellten Form auch ihre formale Wirkung an sich betont. Ohne auf bestimmte Begrifflichkeiten hält er dabei am Gegenstand fest und folgt in dieser Betonung einem klassischen Bildentwurf, der von ihm verschiedenartig gelöst wird, ja gleichsam vom Betrachter als Aufgabe für den Künstler empfunden werden kann.
Gerade bei den jüngeren Werken des Künstlers lässt sich zusätzlich noch eine spezielle Aufmerksamkeit auf den malerischen Schichtungsprozess erkennen. In einem beständigen Wechsel werden Farbschichten aufgetragen, und an bestimmten stellen immer mehr verdichtet. Das stete Verdichten intensiviert auch den Eindruck der zeitlichen Beweglichkeit jedes Bildwerkes. Das Übereinanderlegen der Farbe ermöglicht ein immer tieferes Eindringen in ein Werk, in eine Bildsituation. Es ermöglicht aber auch ein weiter umspannendes Zusammenführen der unterschiedlichen Bildimpulse.
Erwin Kastner macht deutlich, dass das Bild zu wesentlichen Teilen im Kopf des Betrachters entsteht, der Maler und Zeichner hingegen nur Anregungen und Anlässe liefert. In seinem Fall sind diese freilich gleichermaßen konkret und in jenem Maß hochgradig virulent, dass den Rezipienten in allen seinen Sinnen aktiviert.
DDr. Leopold Kogler
mehr unter www.erwinkastner.at